Pistenstaffelung
Pistenstaffelung
Die Piste (Englisch: runway) ist das Heiligtum des Towercontrollers. Ohne Start- und Landebahn macht ein Flughafen selbstredend keinen Sinn. Unsere Piste müssen wir nicht nur möglichst effizient ausnutzen, um die Kapazität des Flughafens auszuschöpfen, sondern wir müssen sie auch entsprechend schützen, da dort die kritischen Flugphasen Start und Landung ausgeführt werden. Zu diesem Zwecke wurde die sogenannte Pistenstaffelung (Englisch: runway separation) eingeführt. Doch was versteckt sich hinter diesem Begriff?
Eigentlich ganz simpel:
Die Piste darf grundsätzlich immer nur von einem Nutzer zur gleichen Zeit belegt sein.
Nun müssen wir uns nur noch mit ein paar weiteren Fragen beschäftigen, damit das Konstrukt sauber definiert ist.
- Landende Flugzeuge (also Flugzeuge mit aktiver Landefreigabe)
- Startende Flugzeuge (also Flugzeuge mit aktiver Startfreigabe)
- Fahrzeuge auf der Piste, die zum Beispiel die Piste inspizieren (auf Vatsim nicht umgesetzt)
- Bei startenden Flugzeugen: Die Piste ist wieder nutzbar, sobald das Flugzeug entweder
- das Pistenende überflogen hat (Bild b)
- die Piste seitlich verlassen hat (Bild a)
- das Pistenende überflogen hat (Bild b)
- Bei landenden Flugzeugen: Die Piste ist wieder nutzbar, sobald das Flugzeug die Piste verlassen hat (Bild c). Die Piste gilt als verlassen, sobald alle Teile des Flugzeugs den CAT1-Rollhalt (Englisch: holding point) überrollt haben.
- Nachdem ein landendes Flugzeug den Punkt passiert hat, an dem das wartende Flugzeug auf die Piste rollen wird
- Nachdem ein startendes Flugzeug den Punkt passiert hat, an dem das wartende Flugzeug auf die Piste rollen wird
Kreuzende Pisten
Viele Flughäfen haben kreuzende Pisten um entweder vorherrschende Wetterbedingungen auszugleichen oder durch Platzmangel trotzdem die Effizienz zu erhöhen. In Deutschland sind vor allem Hamburg und Köln für ihre sich kreuzenden Bahnen bekannt.
Wie immer gibt es auch hier Regeln und Vorschriften welche bei der Benutzung der beiden Bahnen zusammen berücksichtigt werden müssen.
Im Folgenden werden wir alle möglichen Kombinationen für die Nutzung der Pisten durchgehen.
Abflug - Abflug
Bei zwei Abflügen auf sich kreuzenden Pisten darf das zweite Luftfahrzeug den Startlauf erst beginnen, wenn eine der folgende Bedingungen gegeben ist:
Das andere Luftfahrzeug startet und
- hat abgehoben und eine Kurve eingeleitet, die eine Staffelungsunterschreitung ausschließt
oder - hat die Kreuzung überquert.
Anflug - Abflug
Anders sieht es aus wenn wir einen vorausfliegenden Anflug haben, dann darf das zweite Luftfahrzeug auf der kreuzenden Piste den Startlauf erst beginnen, wenn eine der folgenden Bedingungen gegeben ist:
Das andere Luftfahrzeug landet und
- hat die Piste verlassen
oder - ist angewiesen worden, vor der Kreuzung zu halten, und hat den Landelauf beendet
oder - hat die Kreuzung überquert.
Abflug - Anflug
Bei einem abfliegenden Luftfahrzeug gefolgt von einem anfliegenden Luftfahrzeug auf der kreuzenden Piste, darf das folgende Luftfahrzeug den Anfang der Piste erst überfliegen, wenn eine der folgenden Bedingungen gegeben ist::
Das andere Luftfahrzeug startet und
- hat abgehoben und eine Kurve eingeleitet, die eine Staffelungsunterschreitung ausschließt
oder - hat die Kreuzung überquert.
Anflug - Anflug
Als letzte Möglichkeit haben wir ein landendes Luftfahrzeug gefolgt von einem ebenfalls landenden Luftfahrzeug auf der kreuzenden Piste. Das folgende Luftfahrzeug darf den Anfang der Piste erst überfliegen, wenn eine der folgenden Bedingungen gegeben ist:
Das andere Luftfahrzeug landet und
- hat die Piste verlassen
oder - ist angewiesen worden, vor der Kreuzung zu halten, und hat den Landelauf beendet
oder - hat die Kreuzung überquert.
Gleichzeitige Benutzung kreuzender Pisten
Die gleichzeitige Benutzung von kreuzenden Pisten darf nur für zwei landende Luftfahrzeuge unter folgenden Bedingungen genehmigt werden:
- Eine der sich kreuzenden Bahnen hat eine Distanz zwischen Schwelle und Kreuzung von mindestens 2200 Meter verfügbar
- Auf dieser Piste landet ein Luftfahrzeug mit einem einem maximalen Abfluggewicht bis zu 2000 kg.
Außerdem müssen alle weiteren Bedingungen erfüllt sein:
- VMC
- Die Bremswirkung wird nicht negativ beeinträchtigt.
- Beide Luftfahrzeuge sind über die gleichzeitig stattfindenden Landungen informiert worden.
- Das Luftfahrzeug welches auf der Piste mit den 2200m landet wurde angewiesen, vor der Kreuzung zu halten.
Reduced Runway Separation (RRS)
Reduced Runway Separation ist kein verpflichtender Bestandteil der S1-Ausbildung.
Voraussetzungen
Um Reduced Runway Separation überhaupt anwenden zu dürfen, müssen folgende Aspekte erfüllt sein:
- Die Rückenwindkomponente am Boden darf nicht mehr als 5 Knoten sein
- Die Bodensichtweite muss größer oder gleich 5 Kilometer sein
- Die Hauptwolkenuntergrenze muss bei 1000ft AGL oder höher liegen
- Die Wirbelschleppenstaffelung muss zu jeder Zeit eingehalten werden
- Die Bremswirkung auf der Bahn darf nicht durch Niederschläge signifikant beeinträchtigt sein
- Auf Vatsim gilt die Bremswirkung bei den Niederschägen Schnee (SN), Schneeegriesel (SG), Eiskörner (PL), Hagel (GR) sowie Reif (GS) als signifikant beeinträchtigt - anders gesagt bei allen Niederschlägen außer Regen (RA) und Sprühregen (DZ)
- Das hintere Flugzeug in der RRS-Sequenz muss eine Verkehrsinformation über den vorangehenden Verkehr erhalten
Luftfahrzeugkategorien
Für das Verfahren Reduced Runway Separation wurden die Luftfahrzeuge in drei Kategorien unterteilt.
Die drei Klassen sind:
Anwendungsmöglichkeiten
Als Sequenz auf einer Piste gibt es vier verschiedene Möglichkeiten. Diese Betrachten wir nun Schritt für Schritt mit dem Augenmerk auf Reduced Runway Separation.
Abflug hinter Abflug
- Der zweite Abflug bekommt eine Verkehrsinformation über den vorher gestarteten Abflug
- Sofern alle anderen Kriterien erfüllt sind, darf der 2. Abflug die Startfreigabe bekommen, sobald der erste Abflug abgehoben ist und eine definierte Distanz vom 2. Abflug entfernt ist. Die Distanz ist durch die LFZ-KATs vorgegeben:
Vorrausfliegend |
Folgend |
Bedingung |
KAT 1 / KAT 2 |
KAT 1 |
abgehoben und 600m entfernt |
KAT 1 / KAT 2 |
KAT 2 |
abgehoben und 1500m entfernt |
KAT 3 |
all |
abgehoben und 2400m entfernt |
- Sobald der zweite Abflug abgehoben ist, muss - sofern nötig - die Staffelung bestehen
- Beispiel zur Anwendung: Erster Abflug ist eine DV20 IFR, zweiter Abflug eine BE58 VFR. Zwischen den beiden Flugzeugen muss in D(CTR) keine Staffelung hergestellt werden, lediglich Wirbelschleppenstaffelung, da der VFR ein Abflug ist. Da jedoch Light hinter Light keinen Wirbelstaffelungswert erfordert muss ich lediglich auf die Pistenstaffelung achten. Ohne Reduced Runway Separation müsste ich mit der Startfreigabe so lange warten, bis die DV20 das Pistenende überflogen hat. Unter Anwendung von RRS kann ich den folgenden Abflug nun schon freigeben, wenn die DV20 abgehoben und 1500m von der BE58 entfernt ist. Dadurch nutze ich die Piste effektiver und habe mehr Kapazität.
Anflug hinter Anflug
- Der zweite Anflug bekommt eine Traffic Info über den vorderen Anflug
- Sofern alle anderen Kriterien erfüllt sind, darf der 2. Anflug die Landefreigabe bekommen, sobald der erste Anflug gelandet ist und eine definierte Distanz von der Schwelle entfernt ist. Außerdem muss der erste Anflug weiterhin in Bewegung sein und die Piste ohne ein "Backtracking" verlassen. Da die Landefreigabe explizit die Freigabe zum Überfliegen der Pistenschwelle ist, muss diese selbstredend vorm Überfliegen der Schwelle erteilt werden. Sofern die Kriterien (noch) nicht erfüllt sind, muss ein Fehlanflug angewiesen werden. Die Distanz ist durch die LFZ-KATs vorgegeben:
Vorrausfliegend |
Folgend |
Freigabe spätestens |
Bedingung |
KAT 1 / KAT 2 |
KAT 1 |
oberhalb der Schwelle |
Piste verlassend und 600m von Schwelle entfernt |
KAT 1 / KAT 2 |
KAT 2 |
Piste verlassend und 1500m von Schwelle entfernt | |
KAT 3 |
all |
Piste verlassend und 2400m von Schwelle entfernt |
Die Situation mag etwas befremdlich erscheinen, da eine Landfreigabe gegeben wird, obwohl noch ein anderer Pilot auf der Bahn ist. Werden die Abstände eingehalten ist dies aber tatsächlich legal und wird auch real praktiziert.
Anflug hinter Abflug
- Der Anflug bekommt eine Traffic Info über Abflug
- Sofern alle anderen Kriterien erfüllt sind, darf der Anflug die Landefreigabe bekommen, sobald der Abflug abgehoben ist und eine definierte Distanz von der Schwelle entfernt ist. Da die Landefreigabe explizit die Freigabe zum Überfliegen der Pistenschwelle ist, muss diese selbstredend vorm Überfliegen der Schwelle erteilt werden. Sofern die Kriterien (noch) nicht erfüllt sind, muss ein Fehlanflug angewiesen werden. Die Distanz ist durch die LFZ-KATs vorgegeben:
Vorrausfliegend |
Folgend |
Freigabe spätestens |
Bedingung |
KAT 1 / KAT 2 |
KAT 1 |
oberhalb der Schwelle |
abgehoben und 600m von Schwelle entfernt |
KAT 1 / KAT 2 |
KAT 2 |
abgehoben und 1500m von Schwelle entfernt | |
KAT 3 |
all |
abgehoben und 2400m von Schwelle entfernt |
Abflug hinter Anflug
In dieser Konstellation darf Reduced Runway Separation nicht angewendet werden.
Funkbeispiele
Deutsch | Englisch |
G: VERKEHR C172 FLIEGT *VON PISTE 25* AB | G: TRAFFIC C172 DEPARTING *ON RUNWAY 25* |
G: VERKEHR A320 IST *AUF PISTE 25* GELANDET | G: TRAFFIC A320 LANDED *ON RUNWAY 25* |
G: VERKEHR PA34 LANDET *AUF PISTE 25* | G: TRAFFIC PA34 LANDING *ON RUNWAY 25* |