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Luftnotlage - Lotsenguide

Eine Luftnotlage, engl. Emergency, ist per Definition ein Notfall eines in der Luft befindlichen Luftfahrzeugs, bei dem schwere und unmittelbare Gefahr droht.

Das Handling eines jeden Notfalls für den Lotsen ist hochindividuell, da keine Situation der anderen gleicht. Dieser Guide soll daher als Grundlage / Orientierung verstanden werden.

Relevanz auf Vatsim

Gemäß dem VATSIM Code of Conduct darf ein Emergency seitens des Piloten nur verkündet werden, wenn er ATC-Service erhält. Der Lotse darf jederzeit und ohne Angabe von Gründen den Piloten auffordern, den Notfall zu beenden. Der Pilot muss dieser Aufforderung sofort nachkommen oder seine Verbindung zum Netzwerk trennen. 

Des Weiteren darf keine Entführung simuliert und nicht der Transponder Code 7500 eingestellt werden.

Für euch als Lotse bedeutet das: Wenn ihr mit dem Handling eines Nofalls nicht vertraut seid, lehnt diesen im Zweifelsfall ab. Wenn ihr gerade zu beschäftigt seid (bspw. wegen hoher Verkehrslast), lehnt den Notfall im Zweifelsfall ebenso ab. Weder der Pilot noch ihr profitiert in irgendeiner Weise, wenn der Notfall unsicher, komplett unrealistisch oder nachlässig abgearbeitet wird. 

Arten von Notfällen

Pilotenseitig wird oft nur zwischen den beiden bekannten Meldungen "Mayday" sowie "Pan Pan" unterschieden:

  • Ein "Mayday" ist dabei die Meldung eines Notfalls, bei dem eine ernsthafte oder unmittelbar bevorstehende Gefahr besteht und sofortige Unterstützung notwendig ist.
  • Ein "Pan Pan" ist eine Dringlichkeitsmeldung, bei welcher eine sicherheitsrelevante Situation vorliegt, welche aber keine sofortige Unterstützung benötigt.

Lotsenseitig wird der Begriff Notfall deutlich weiter gefasst. Oft wird hier zwischen einem Local Standby, einem Full Emergency und einem Aircraft Accident unterschieden, wobei nicht alle Arten von Notfällen in eine der Kategorien passen.

  • Ein Local Standby ist ein Luftfahrzeug, von dem bekannt ist oder vermutet wird, dass eine Störung vorliegt, welche aber unter normalen Umständen keine Schwierigkeiten einer sicheren Landung hervorruft. Häufig melden die Piloten dabei weder einen "Pan Pan" noch einen "Mayday", dennoch wird der Flug seitens der Flugsicherung als Notfall betrachtet. Dabei werden bestimmte Maßnahmen eingeleitet, die auf Vatsim jedoch nur simuliert werden können (z.B. Ausrücken der Feuerwehr)
    Beispiele für einen Local Standby sind:
    • Triebwerksprobleme (z.B. starke Vibrationen, Triebwerksausfall)
    • Hydraulikprobleme (z.B. Flaps lassen sich nicht ausfahren)
    • Fahrwerksprobleme (z.B. Nose wheel steering ist ausgefallen)
    • Rauch / Geruch im Cockpit oder in der Kabine
    • Probleme mit der Druckkabine (z.B. gebrochene Windschutzscheibe)
    • Strukturelle Probleme (z.B. nach einem Vogelschlag)
  • Ein Full Emergency ist ein Luftfahrzeug, von dem bekannt ist oder vermutet wird, dass es sich in einem solchen Notfall befindet, dass die Gefahr eines Unfalls gesteht. Die Grenzen zum Local Standby verlaufen dabei manchmal fließend.
    Beispiele für einen Full Emergency sind:
    • Flugzeugbrand / Triebwerksbrand
    • Fahrwerk lässt sich nicht ausfahren
  • Ein Aircraft Accident ist ein Unfall eines Luftfahrzeuges, welches sich auf dem Flughafen oder in unmittelbarer Flughafennähe befindet
  • Weitere Notfälle, welche nicht technischer Natur sind und daher in keine der Kategorien eingeordnet werden können, sind beispielsweise:
    • VFR mit Orientierungsverlust
    • VFR in IMC
    • Medizinischer Notfall im Luftfahrzeug
    • Funkausfall

Handling eines Notfalls

Da jeder Notfall anders ist, gibt es auch keine pauschale Anleitung für das Handling eines Notfalls. Dennoch gibt es ein Schema, welches helfen kann, in einer Stresssituation strukturiert als Lotse einen Notfall abzuarbeiten. Dieses Schema ist als ASSIST-Schema bekannt, wobei jeder Buchstabe für eine Maßnahme steht:

  • Acknowledge: Als Erstes muss ein Notfall als solcher wahrgenommen werden. Der Lotse sollte also "Mayday" und "Panpan" Meldungen bestätigen und auch sicherstellen, dass die Art des Notfalls und eventuelle Details korrekt verstanden wurden

  • Separate: Der umliegende Luftraum sollte je nach Notfall mehr oder weniger freigemacht werden. Dazu zählt, dass im Center- und Approach-Bereich die Staffelung zum betreffenden Flieger erhöht werden sollte, denn die Cockpitbesatzung ist während eines Notfalls sehr mit sich beschäftigt bzw. sehr gestresst und könnte ATC-Anweisungen verspätet oder falsch ausführen. Im Anflug sollte die Piste möglichst früh frei sein, sodass keine "engen" Manöver mit dem betreffenden Luftfahrzeug durchgeführt werden. Gegebenenfalls kann anderen Anflügen ein Fehlanflug angewiesen werden und VFR-Flieger können aufgefordert werden, die Kontrollzone zu verlassen

  • Support: Der Pilot sollte so gut wie möglich unterstützt werden. Dabei sollte der Pilot jedoch nicht durch unnötige Funksprüche genervt werden. Folgende Möglichkeiten der Unterstützung gibt es beispielsweise:
    • Nach genereller Unterstützung / Absichten fragen
    • Nahegelegene / geeignete Flughäfen vorschlagen
    • Anflugarten aufzählen / vorschlagen (je nach Wetter können auch Sichtanflüge eine Option sein)
    • Bei mehreren Pisten geeignete Pisten vorschlagen (z.B. die längste / breiteste Piste)
    • Klären, ob der Pilot nach der Landung die Piste verlassen und / oder normal rollen kann
    • Einfache Anweisungen - maximal ein bis zwei Informationen pro Funkspruch

  • Inform: Andere ATC-Stationen, welche vom Notfall betroffen sind, sollten informiert werden. Beispielsweise gibt der Center den Notfall an den Approach weiter, der Approach an den Tower und der Tower an den Ground. Bei diesem "Stille-Post-Spiel" sollte besonders auf eine korrekte Weitergabe der Informationen gegeben werden

  • Silence: Je nach Situation und Verkehrsauslastung kann auf der Frequenz Funkstille verhängt werden. Die Phraseologie lautet dabei gemäß AIP GEN 3.4:
    • "All stations, stop transmitting, MAYDAY"
    Um die Funkstille wieder aufzuheben, wird folgende Phraseologie verwendet:
    • "All Stations, distress traffic ended"

  • Time: Der Pilot sollte niemals vom Lotsen gestresst werden. Ihm sollte ausreichend Zeit zum Lösen seines Problems gegeben werden. Teilweise kann die Entscheidungsfindung und das Abarbeiten der relevanten Checklisten mehrere Minuten dauern