Absetzbetrieb von Fallschirmspringern (PJE)
Dieser Artikel soll die grundlegenden Prozeduren des Absetzbetriebes vermitteln und sowohl Piloten als auch Lotsen zum korrekten Umgang befähigen.
Grundlegendes
In Deutschland ist an diversen Flugplätzen mit Fallschirmsprung-Betrieb (PJE-OPS, Skydive-Operations) zu rechnen. Die Hauptsaison beginnt in der Regel im April und endet im Oktober. An klaren Tagen ist jedoch auch im Winter in der ein oder anderen Sprungzone mit aktivem Betrieb zu rechnen. Im Sommer kommt es vor allem an Wochenenden durchaus häufig vor, dass ein Radar-Sektor mit mehreren Absetzflugzeugen gleichzeitig beschäftigt ist. Dies erfordert erhöhten Koordinationsaufwand, da für den Absetzvorgang Sicherheitsabstände eingeräumt werden müssen.
Häufig werden Luftfahrzeugmuster der Kategorie Single-Engine-Turbine (SET) wie C206 Soloy, C208 Caravan, Pilatus Porter PC-6,
PAC P 750XL, aber auch Multi-Engine-Turbine (MET) wie DHC-6 Twin-Otter, Dornier DO-28 oder Shorts SC7 Skyvan eingesetzt. Seltener sind Exoten wie die Mil Mi-8, PLZ M28 Skytruck oder gar die Douglas DC9 anzutreffen. Aufgrund der hohen Triebwerksleistung, oftmals in Verbindung mit STOL-Eigenschaften (Short-takeoff-and-landing), ist mit hohen Steig- und noch höheren Sinkraten zu rechnen. Es kommt nicht selten vor, dass die Absetzmaschine die Skydiver noch im Freifall überholt.
Die übliche Absetzhöhe für Fallschirmspringer beträgt 4000 m über Grund bzw. ~FL130. Zu Schulungszwecken oder aufgrund der Verkehrslage sind auch tiefere Absetzhöhen möglich (bis ca. 1000 m). Bei besonderen Events (sog. „Boogies“) sind Absetzhöhen bis zu 6.500 m (FL210) nicht unüblich – dann mit Sauerstoffversorgung im Flugzeug.
Für einen Umlauf, also den Zeitraum vom Start bis zur Landung, sind aufgrund teils extremer Sinkraten des Absetzflugzeuges ca. 15-20 Minuten zu kalkulieren. Obwohl der überwiegende Teil der Sprungvorhaben in Deutschland auf unkontrollierten Flugplätzen stattfindet, ist für Fallschirmabsprünge im kontrollierten Luftraum immer eine Flugverkehrskontrollfreigabe bei der zuständigen Flugverkehrskontrollstelle einzuholen (siehe NfL I-59/07). Eine Begegnung mit Luftfahrzeugen im Freifall oder während der Schirmfahrt ist aus offensichtlichen Gründen zu vermeiden.
Wetterbedingungen
Auch beim Absetzbetrieb sind entsprechende Wetterminima einzuhalten. Das Absetzflugzeug muss jederzeit, also beim Steigflug, im sog. „Jump-Run“ (Horizontalflug gegen den Wind mit verringerter Geschwindigkeit für den Absetzvorgang) und im anschließenden Sinkflug stets die VFR-Wetterminima für den jeweiligen Luftraum einhalten.
Ebenso müssen die Fallschirmspringer ab Verlassen des Flugzeuges ständige Erdsicht halten und dürfen weder im Freifall noch bei der Schirmfahrt etwaige vorhandene Wolken berühren.
Sprungzonen
Grundsätzlich wird zwischen dauerhaften Sprungzonen (AIP ENR 5.5-1) und einzelnen Sprungvorhaben unterschieden. Dauerhafte Sprungzonen (sog. „Drop Zones“) haben i.d.R. eine Obergrenze bei FL100 und einen horizontalen Radius von 2 nm.
Auf ICAO-Karten sind diese als gestrichelter Kreis hervorgehoben und mit dem Zusatz „PJE“ sowie dem Lower- (GND) und Upper-Limit (FL100) versehen. Hier ist als Pilot grundsätzlich mit erhöhter Aufmerksamkeit zu operieren und direkte Überflüge des Platzes
– vor allem ohne Funkkontakt – sind zu vermeiden.
Quelle: open flightmaps
Beispielhaft die Drop Zones „Hüttenbusch“, „Karlshöfen“ und „Seedorf“ zwischen Bremen und Hamburg.
Ablauf (für Piloten und ATC)
Grundsätzlich muss freigabe- und staffelungspflichtiger Verkehr identifiziert werden. Wird die Identifizierung verloren (z.B. bei der Landung) muss beim nächsten Kontakt erneut identifiziert werden. Das Absetzflugzeug hat zu Beginn des Steigfluges eigenständig den Squawk-Code 0025 sowie „Mode C“ zu setzen und beim zuständigen Radarlotsen unter Nennung von Rufzeichen, Luftfahrzeugmuster, Absetzort und -höhe eine Absetzfreigabe einzuholen.
Kurz vor dem Absetzen, also auf dem „Jump-Run“, informiert der Pilot den lokalen Towerlotsen bzw. Flugleiter : „Springer in 2 Minuten“. Anschließend holt sich die Absetzmaschine vom Radar-Lotsen die Freigabe und setzt bei Erreichen des Spots (Stärke und Richtung des Höhen- und Bodenwindes einberechnet) die Springer bei reduzierter Geschwindigkeit (ca. 80 Knoten) gegen den Wind ab. Im besten Fall driften diese während des Freifalls mit dem Wind zur Landezone.
Sofern nicht anders vereinbart, werden für den Zeitraum von der Erteilung der Absetzfreigabe bis drei Minuten nach Beendigung des Absetzvorgangs (deshalb Zeit notieren oder Timer starten, s.u.) für den kontrollierten Luftverkehr Sicherheitsabstände zur Sprungzone eingehalten.
Staffelung zur Sprungzone:
Es muss für 3 Minuten nach dem "Last Jumper Out" Report zur Sprungzone gestaffelt werden.
In Gebieten mit 3NM Staffelung beträgt die laterale Staffelung zur Sprungzone 1NM, 500ft vertikal.
In Gebieten mit 5NM Staffelung beträgt die laterale Staffelung zur Sprungzone 2NM, 500ft vertikal.
Selbstverständlich muss neben der Staffelung zur Sprungzone auch jederzeit zu der Absetzmaschine gestaffelt werden, solange sie sich in Airspace C befindet, genauso wie zu jedem anderen VFR in Airspace C Crosser.
Dazu kann man der Absetzmaschine natürlich auch Anweisungen innerhalb Airspace C erteilen, zum Beispiel wo sie steigen oder sinken soll (Bsp.: "climb west of the dropping zone" oder "climb inside the dropping zone")
Im Fall einer erkennbar längeren Dauer des Sprungvorhabens im kontrollierten Luftraum hat der Luftfahrzeugführer den zuständigen Lotsen hierüber zu informieren. Nach dem Absprung des letzten Springers geht die Maschine – nach Freigabe durch den Radar-Lotsen – in den Sinkflug über und verlässt schließlich unterhalb des Luftraums C die Frequenz. Die Freigabe für den Sinkflug kann alternativ auch zusammen mit der Absetzfreigabe erfolgen.
Funkbeispiel
Pilot: „BREMEN RADAR, DIVER, TWIN-OTTER, AIRBORNE HÖXTER, REQUEST PARADROPPING FL130.“
(Lotse: "DIVER, BREMEN RADAR, SQUAWK IDENT") - selten benötigt, da meist direkt mit MODE S identifiziert werden kann.
Lotse: "DIVER, BREMEN RADAR, IDENTIFIED. ENTER AIRSPACE C, CLIMB TO FL130, REPORT READY TO DROP."Pilot: "DIVER, ENTERING AIRSPACE C, CLIMBING TO FL130, WILCO.
Pilot: „DIVER READY TO DROP.“
Lotse: "DIVER, DROPPING APPROVED, REPORT LAST JUMPER OUT.“ (Zeit aufschreiben oder Timer starten)
Pilot: "DIVER, DROPPING APPROVED, WILCO"
Pilot: „DIVER, LAST JUMPER OUT, REQUEST DESCEND BELOW AIRSPACE C“
Lotse: "DIVER, DESCEND APPROVED [REPORT PASSING FL100]"
[Pilot: "DIVER, PASSING FL100, REQUEST TO LEAVE FREQUENCY"]
Lotse: "DIVER, APPROVED TO LEAVE FREQUENCY"
alternativ mit zusammengefasster Freigabe:
Lotse: "DIVER, DROPPING AND DESCEND APPROVED, REPORT LAST JUMPER OUT.“
Pilot: "DIVER, DROPPING AND DESCEND APPROVED, WILCO"
Pilot: "DIVER, LAST JUMPER OUT"
Lotse: "DIVER, ROGER [REPORT PASSING FL100]"
siehe auch: https://www.dfv.aero