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Staffelung im Towerbereich

Allgemeines

Alle von der Deutschen Flugsicherung betriebenen Kontrolltürme der internationalen Verkehrsflughäfen (EDDx) haben ein Radarsystem, über das gestaffelt werden darf. Das klingt auf den ersten Blick selbstverständlich, ist es aber nicht. In Deutschland gibt es noch einige kontrollierte Flugplätze, wie z.B. Mannheim oder Karlsruhe, die entweder kein Radar haben oder deren Flugsicherungspersonal nicht dafür ausgebildet ist, mit Radar zu staffeln. An diesen Plätzen wird ganz konventionell auf Zeit gestaffelt oder die Staffelung zwischen IFR An- und Abflügen wird an den darüberliegenden Radarlotsen delegiert.

Exemplarisch siehst du hier das Luftlageradar des Flughafens München (für Vollbild klicken):

ATD_Luftlage München.png

Hier sieht man also die entsprechenden lateralen Grenzen der Kontrollzone München, man sieht in der Mitte die beiden Pisten und in deren Verlängerung gestrichelte Linien, die sogenannten extended centerlines. Eine Lücke bzw. ein Strich auf dieser extended centerline entsprechen jeweils einer Meile. Unter anderem damit ist es uns möglich, Distanzen in der Kontrollzone abzumessen und folglich das Radar zu nutzen, um eine Staffelung herzustellen. Auf dem Endanflug der Pisten 26L und 26R sieht man zwei Radarziele (Englisch: radar targets), die zwei Flugzeuge darstellen. Neben dem eigentlichen Radarziel befindet sich das sogenannte Label oder Tag. Diese beiden Begriffe beschreiben die Informationen (hier: Callsign, Ground speed und Höhe), die dem Lotsen vom Radarsystem zur Verfügung gestellt werden.

Die grundlegende Mindeststaffelung über Radar beträgt 5 NM. Bei entsprechender Radartechnik darf diese Staffelung auf 3 NM reduziert werden. In Deutschland ist die Radarabdeckung inzwischen so gut, dass wir nahezu überall (mit ein paar Ausnahmen in der Bremen FIR und ganz im Süden über den Alpen) unter FL245 mit 3 NM arbeiten dürfen. Folglich sind auch in deiner Kontrollzone, sofern du dort über Radarstaffelung angewandt werden muss, 3 NM der Mindestwert.

Zwischen welchen Flügen müssen wir nun die Radarstaffelung sicherstellen? Dafür müssen wir wissen, in welcher Luftraumklasse wir uns befinden. In der Tabelle im Kapitel Lufträume zeigt uns die dritte Spalte der Tabelle, wer zu wem gestaffelt werden muss. In deinem Luftraum als Tower Controller, also D-CTR, muss nur zwischen IFR-Flügen gestaffelt werden*. Nähert sich also beispielsweise ein VFR-Flug einem IFR-Flug in gleicher Höhe auf z.B. 1 NM an, so ist das in D-CTR kein "Regelverstoß". In Luftraumklasse C hingegen wäre das ein "Regelverstoß", da dort (wie du in der Tabelle sehen kannst) IFR auch zu VFR gestaffelt werden muss. Das heißt, der Approach-Lotse muss in Luftraum C sicherstellen, dass jeder VFR-Flug mindestens 3 NM von einem IFR-Flug entfernt ist. Da du als Towerlotse aber eine D-CTR betreust, ist das für dich sehr komfortabel. "Regelverstöße" im Zusammenhang mit Staffelung nennt man übrigens Staffelungsunterschreitungen (STU) (Englisch: Loss of Separation = LoS). Diese STUs gilt es unbedingt zu verhindern, da dies ein sicherheitskritisches Ereignis ist und in der Regel bei einer praktischen Prüfung auf VATSIM zu einem Nichtbestehen führt.

*In der S2-Ausbildung lernst du noch, dass in der Kontrollzone tatsächlich auch noch IFR zu SVFR (Sonder-VFR) gestaffelt werden muss. Weitere Infos dazu in diesem und diesem Artikel. Für die S1-Ausbildung ist das aber noch nicht verpflichtend anzuwenden, um es nicht zu komplex zu machen.

Abflüge

Als Tower bist du für die Abflugsequenz und die Abstände zwischen den Abflügen verantwortlich. Es wird sicherlich eine Weile dauern, bis du ein Gefühl dafür entwickelst, wie lange du zwischen zwei Abflügen warten musst, um den gewünschten Abstand zu erhalten. 

Zwischen zwei staffelungspflichtigen Abflügen musst du nun den größten Wert aus

heranziehen.

Radarstaffelung ist also immer das Minimum zwischen zwei IFR-Fliegern. Je nach Konstellation der Wirbelschleppenkategorien musst du auch noch Wirbelschleppenstaffelung beachten. Details zu den Werten findest du im entsprechenden Artikel.

Doch was ist nun ein Departure Spacing? Manchmal erfordern lokale Verfahren, dass man mehr Abstand braucht, als die Staffelung eigentlich vorschreibt. Ein Beispiel sind Abflüge auf gleichen SIDs: 

Als zusätzliche Anforderung für das Departure Spacing gilt an den meisten Flughäfen: Gleiche SIDs hintereinander brauchen mindestens 5 NM (Einzelheiten dazu in der SOP deines Ausbildungsflughafens).

Während Separation also immer das absolute Minimum beschreibt, so ist Spacing ein Wert, der immer größer oder gleich des Staffelungsminimums ist und einen optionalen Aufschlag enthält.

Mathematisch ausgedrückt: Spacing = Staffelungsminium + optionaler Aufschlag. 

Auch vom Approach- oder Centerlotsen kann in Einzelfällen ein Departure Spacing vorgegeben werden, wenn der Luftraum gerade sehr voll ist. Hier kann auch ein MDI, also Minimum Departure Interval, meist ausgedrückt in Minuten auferlegt werden. Wenn es beispielsweise heißt "MDI CINDY 5 Minutes", darf der Towerlotse alle Departures nach CINDY nur mit einem Abstand von 5 Minuten starten lassen.

Als Zusammenfassung noch ein kurzer Workflow, der dir schnell und unkompliziert den richtigen Mindestabstand zwischen zwei Abflügen liefert. Im Idealfall gehst du diesen Flow im Sinne der Vorplanung nicht erst durch, wenn die beiden betroffenen Flugzeuge bereits am Holdingpoint stehen. Mach das so früh wie möglich: Beispiel: Ich gebe zwei Piloten zeitgleich eine Freigabe zum Pushback: Dann kann man sich dort schon überlegen, welches Departure Spacing  später auf der Bahn notwendig ist. Alles was schon vorgeplant ist, braucht ich nur noch abgerufen werden und du hast Kapazität für andere Dinge. 

Hast du zwei verschieden SIDs, so bewegst du dich in der linken Hälfte und gehst die drei Bullet points durch: Radar Separation ist immer 3NM (auf beiden Seiten). Der größte Wert der drei Bullet points ist dein minimales Departure spacing.

ATD_Departure Spacing.png
Beispiel: Vorne A340, hinten C172, different SID
  • Radar Separation Minimum? 3 NM
  • WTC Minimum? 6 NM
  • Spacing? 3 NM
    => WTC also Minium 6 NM
Beispiel: Vorne A320, hinten A320, same SID
  • Radar Separation? 3 NM
  • WTC Minimum? 0 NM
  • Spacing? 5 NM
    => Spacing also Minium 5 NM

Du weißt nun Bescheid, in welcher Konstellation du wieviel Abstand brauchst. Doch wann kannst du bei zwei Abflügen dem hinteren die Takeoff-Clearance geben? Wenn die benötigte Staffelung erreicht ist? Nein, schon eher. Denn die Radar- oder Wirbelschleppenstaffelung muss zu dem Zeitpunkt gegeben sein, wenn der hintere Flieger airborne geht. Da aber zwischen dem Aussprechen der Takeoff-Clearance und dem Abheben des hinteren Fliegers der vordere Flieger ja auch eine gewisse Distanz zurücklegt. kannst du die Takeoff-Clearance schon eher geben. Als Faustformel kann man für durchschnittliche Airliner sagen, dass die Startfreigabe etwa 1 NM vor der benötigten Staffelung ausgesprochen werden darf. Wenn du 3 NM benötigst, kannst du also bei 2 NM die Takeoff-Clearance geben. Bei einer 4 km langen Piste entspricht das knapp dem Pistenende.

Screenshot_11.png
DLH3TK hat das Pistenende erreicht und ACA841 bekommt die Takeoff-Freigabe; der Abstand beträgt 2.1 NM, also knapp 1 NM weniger als die benötigte Staffelung

Screenshot_12.png
Ergebnis: Die Flieger gehen mit etwas als 3 NM airborne - optimale Staffelung

WICHTIG: Bedenke auch immer die unterschiedlichen Geschwindigkeiten im Abflug. Hast du vorne eine C172 und hinten einen A380 auf einer unterschiedlichen SID, so dürftest du theoretisch 3 NM machen. Dass das keinen Sinn macht, sollte logisch sein, da der A380 mindestens doppelt so schnell fliegt als die Cessna und dementsprechend bei 3 NM schon kurz darauf eine Staffelungsunterschreitung auftritt.

In solchen Fällen (hinterer Abflug deutlich schneller als vorderer Abflug) ist es ratsam, den schnellen Verkehr als Nummer 1 starten zu lassen und somit die Abflugreihenfolge zu drehen. Siehe auch Artikel Effizienz im Towerbereich. Ist dies nicht möglich, und du musst einen schnellen Abflug hinter einem langsamen Anflug rausschicken, so koordiniere den Zeitpunkt des Abflugs mit Approach. Er hat die Möglichkeit, das Problem mithilfe von taktischen Vektoren oder verschiedenen Höhen zu lösen und soll dir Bescheid geben, wann du den schnell folgenden Abflug auf die Reise schicken kannst. 

Außerdem sollte auch bei "normalen" Airlinern auf die initiale Steiggeschwindigkeit des vorderen Abflugs geachtet werden. Vor allem auf dem Netzwerk gibt es Piloten, welche unrealistisch schnell oder langsam fliegen. Dieser Faktor sollte ebenfalls mit einkalkuliert werden.

Generell gilt: Bist du dir bei irgendeiner Sache nicht sicher, frage immer nach. Gerade die Kollegen auf APP und CTR haben meist mehr Erfahrung und helfen dir gerne!

Anflüge

Das Handling der Anflüge für dich als Towerlotse ist schnell erklärt. Du erhältst die anfliegenden Luftfahrzeuge vom Approachlotsen ungefähr 8 - 12 NM vor der Piste. Hast du einen anfliegenden Verkehr bei dir auf der Frequenz, so sollst du ihm so schnell wie möglich die Landefreigabe erteilen. Kommt ein Anflug und du hast keinen abfliegenden Verkehr, so solltest du ihm demnach direkt beim initial call die Landefreigabe geben. Der Pilot muss seine Landefreigabe spätestens vor dem Überfliegen der Pistenschwelle erhalten haben. Hat er dort keine Freigabe, so wird er selbstständig durchstarten. 

Der Approach-Lotse ist bis zum Überfliegen der Pistenschwelle für die Staffelung zwischen Anflügen zuständig. An internationalen Verkehrsflughäfen (EDDx) darfst du als Tower aber mithilfe von Speeds die Staffelung "retten", solltest du merken, dass es sonst zu eng wird. Außerdem kannst du mithilfe von Speed-Anweisungen z.B. eine Lücke für einen VFRler aufrecht erhalten. Wichtig ist aber, dass du Speed-Anweisungen mit dem Appraoch-Lotsen absprichst, wenn sich hinter dem betreffenden Flieger noch ein anderes LFZ befindet.

Nähern sich zwei Anflüge so nah an, dass dennoch eine Staffelungsunterschreitung droht, so musst du einem der Flieger (in der Regel dem hinteren) einen Fehlanflug anweisen, und zwar, bevor es zur Staffelungsunterschreitung kommt. Zusätzlich kann eine Verkehrsinformation über den betreffenden Verkehr sinnvoll sein. Weitere Infos zum Handling von Fehlanflügen findest du im entsprechenden Kapitel.