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Streckenfreigabe

Die Streckenfreigabe (enroute clearance), oft auch Instrumentenflugfreigabe (IFR clearance) genannt, ist in der Regel die erste Clearance, welche ein Fluglotse jedem abfliegenden IFR-Piloten gibt. Sie enthält, wie der Name schon sagt, wichtige Anweisungen zur freigegebenen Flugstrecke.

Der Aufbau einer Streckenfreigabe ist glücklicherweise immer gleich. Sie besteht aus folgenden Elementen:

  • Clearance Limit
  • Abflugverfahren
  • Freigabe der Route
  • Initial Climb
  • Transpondercode

Im Folgenden werden die Elemente genauer erläutert, am Ende folgen phraseologische Beispiele:

Clearance Limit

Das sogenannte Clearance Limit sagt aus, bis zu welchem Wegpunkt / Flughafen die Streckenfreigabe gilt.

An dieser Stelle müssen wir kurz über verschiedene Flugpläne sprechen. Während IFR und VFR bekannt sind, so sind die beiden Exoten Y-Flugplan und Z-Flugplan meist eher unbekannt.

Flugpläne

I

IFR Flugplan
  • Der komplette Flug wird nach Instrumentenflugregeln durchgeführt.
  • Beispiel: EDDM nach EDDN - Route: AKINI
  • Delivery muss eine Streckenfreigabe erteilen.
V
VFR Flugplan
  • Der komplette Flug wird nach Sichtflugregeln durchgeführt.
  • Delivery ist lediglich für die VFR Anlassfreigabe zuständig, sofern dies nötig ist (in der SOP des jeweiligen Flughafens geregelt).
Z

ZULU Flugplan

VFR -> IFR

  • Es wird mit Sichtflugregeln gestartet, ab einem bestimmten Punkt wird IFR geflogen.
  • Beispiel: EDDM nach EDDN - Route: WLD UPALA/N0120F070
    In diesem Beispiel fliegt der Pilot VFR aus München ab und will ab UPALA IFR fliegen.
  • Da der Flug in München nach VFR startet ist für Delivery dieser Flug wie ein ganz normaler VFR Abflug zu behandeln. Dass dieser Flug im weiteren Verlauf IFR fliegen möchte, ist nicht relevant.
Y

YANKEE Flugplan

IFR -> VFR

  • Es wird nach Instrumentenflugregeln gestartet, ab einem bestimmten Punkt wird VFR geflogen.
  • Beispiel: EDDM nach EDDN - Route: INPUD Y102 UPALA VFR
    In diesem Beispiel fliegt der Pilot IFR aus München über INPUD ab und anschließend auf der Luftstraße Y102 nach UPALA. Ab UPALA möchte der Pilot VFR fliegen.
  • Delivery muss, da dieser Flug in München ein IFR Abflug ist, eine Streckenfreigabe erteilen.
Kurz zusammengefasst: Bei VFR und Z muss Delivery (sofern je nach Airport notwendig) eine VFR-Anlassfreigabe erteilen. Bei IFR und Y muss Delivery eine IFR-Streckenfreigabe erteilen.
Warum das Ganze aber im Kapitel Clearance Limit?
Bei IFR-Flugplänen fliegt der Pilot bis zum Zielflugahfen komplett IFR, weshalb die IFR Streckenfreigabe auch bis zum Zielflughafen reichen muss. Das Clearance Limit bei IFR-Flugplänen ist demnach immer der Zielflugplatz.
Bei Y-Flugplänen hingegen fliegt der Pilot nur bis zu einem Wegpunkt, VOR, NDB etc. IFR. Das Clearance Limit bei Y Flugplänen ist daher nicht der Zielflughafen, sondern der letzte Wegpunkt, bevor der Pilot laut Flugplan zu VFR wechselt.
Phraseologie
Das Clearance Limit wird durch die Sprechruppe CLEARED TO (clearance limit) ausgedrückt. In unserem Beispiel für IFR-Flugpläne würden wir also sagen:
CLEARED TO NÜRNBERG
In unserem Beispiel für Y-Flugpläne (Route: INPUD Y102 UPALA VFR) würden wir also sagen:
CLEARED TO UPALA

Abflugverfahren

Im zweiten Teil der IFR-Streckenfreigabe wird dem Piloten mitgeteilt, über welche Abflugroute er starten soll. Wir gehen dafür in der S2-Ausbildung auf zwei verschiedene Fälle ein:

Standard Instrument Departure (SID)

Die SID ist das gängigste und wohl auch bekannteste Abflugverfahren für Instrumentenflüge. Ein valider Flugplan enthält als ersten Wegpunkt immer den Endpunkt einer SID. In Nürnberg zum Beispiel AKANU, in München zum Beispiel MERSI. Von diesem Punkt an hat der Pilot im Flugplan verschiedene Luftstraßen und Wegpunkte gelistet, die ihn schließlich zum Zielflugplatz bringen. Betrachtet man die Luftstraßen als Autobahnen, so wären die SIDs die Autobahnauffahrten, also Routen von einer Anschlussstelle (Flugplatz) auf die Autobahnen (Luftstraßen). Die veröffentlichten SIDs sind abhängig von der Betriebsrichtung und enthalten Informationen über Flugrichtung, Höhe und Geschwindigkeiten. Eine einfache Möglichkeit, um an die entsprechenden Karten zu kommen, bietet der Anbieter Chartfox, bei dem du dich ganz unkompliziert mit deinem VATSIM Account anmelden kannst. Folge diesem Link und schau dir die Abflugrouten der Startbahn 26R in München zu den Wegpunkten MIQ, GIVMI und RIDAR an.

Vectored Departure

Manchmal ist es nicht möglich eine SID zu vergeben. Dies kann verschiedene Gründe haben: Manche Flugplätze fordern für bestimmte Abflugrouten eine bestimmte Flugzeugausrüstung (z.B. GPS), manchmal hat der Pilot Probleme mit seinem FMS und kann die SID deshalb nicht fliegen. Ein dritter Grund, der ab und an vorkommt, sind Piloten, die sogenannte IFR-Pattern fliegen wollen. Diese werden häufig beim Landetraining geflogen. Der Pilot wird dabei nach dem Abflug von Approach über Vektoren auf das ILS geführt und anschließend wieder an den Tower übergeben. Nach dem Touch and Go wird der Pilot wieder an APP übergeben und das Spiel beginnt von vorne. Bei derartigen Verfahren macht es keinen Sinn, den Piloten auf eine SID freizugeben, da diese konzipiert ist um den Piloten ins System der Luftstraßen zu bringen. Bei IFR-Pattern will der Pilot jedoch nicht auf eine Luftstraße, sondern lokal bei uns am Platz bleiben.

Eine Vectored Departure ist IMMER mit Approach oder der darüberliegenden Centerstation zu koordinieren.
Beispiel der Koordination:

EDDN_TWR: Approach, Nürnberg Tower
EDDN_APP: Go ahead
EDDN_TWR: Request vectored departure DLH414 for IFR Pattern
EDDN_APP: Approved, on RWY Heading climb FL070
Phraseologie
  • SID: Die SID wird einfach durch Nennung der SID und den Zusatz Departure freigegeben. Im Beispiel der GIVMI Departure in München von Startbahn 26R:
    *VIA* GIVMI1N DEPARTURE
    Das Wörtchen via ist optional. Eine Nennung der Startbahn ist in diesem Fall nicht nötig, da die SID GIVMI1N nur von der Piste 26R beginnt. Weiß der Pilot also seine SID, so weiß er auch deine Startbahn. Es gibt allerdings auch SIDs, die von mehreren Pisten geflogen werden können (z.B. in Frankfurt für Piste 25C/L). In diesem Fall ist die Nennung der Startbahn in der Streckenfreigabe verpflichtend. 

  • Vectored Departure: Nachdem dir Approach mitgeteilt hat, wie er den Abflug haben möchte, musst du die entsprechenden Informationen an den Piloten weitergeben:
    *VIA* VECTORED DEPARTURE RWY 28, CLIMB ON RWY HEADING FL70

Anschließend muss auch der Towerlotse über die Vectored Departure informiert werden, damit dieser weiß, was das LFZ initial fliegt.

Freigabe der Route

Nach den ersten beiden Items der Clearance haben wir dem Piloten mitgeteilt, bis zu welchem Punkt seine Streckfreigabe gilt und wie er zum ersten Wegpunkt in seinem Flugplan fliegen soll. Es fehlt jedoch noch, wie er vom ersten Wegpunkt bzw. dem SID-Endpunkt zu seinem Clearance Limit fliegen soll.

In sehr vielen Fällen soll er das über die im Flugplan aufgegebene Route machen. Dies drücken wir mit der folgenden Sprechgruppe aus:
FLIGHT PLANNED ROUTE.

Initial Climb

Auch wenn jede SID in den Karten bzw. in der AIP einen fest zugewiesenen Initial Climb hat, so muss diese dennoch seit 2020 in jeder IFR Streckenfreigebe explizit genannt werden. Der Initial Climb ist eine Höhe, bis zu der der Pilot eigenständig ohne weitere Freigabe nach dem Abheben steigen darf.

Es gibt jedoch zwei verschiedene Versionen dieser Sprechgruppe:

Es gibt SIDs, die weder Höhen- noch Geschwindigkeitsbegrenzungen haben. Hier verwenden wir:

CLIMB TO *ALTITUDE* 5000 FT

Es gibt SIDs, die entweder Höhen- oder Geschwindigkeitsbegrenzungen oder beides haben. Hier verwenden wir:

CLIMB VIA SID TO *ALTITUDE* 5000 FT
Bei einer vectored departure entfällt diese Sprechgruppe, da hier die Höhenanweisung bereits bei der Vermittlung der Flugroute mitgegeben wird (z.B. ON RWY HEADING CLIMB TO FL70).

Das Wörtchen Altitude oder auch Flight Level ist optional. Gerade bei einer Altitude ist es aber empfehlenswert, um Missverständnisse mit dem "to" auszuschließen ("Climb to four thousand feet" vs. "Climb two four thousand feet").

Transpondercode

Last, but not least der Transpondercode. Dieser hat den Zweck, einen Flieger mithilfe des Radars eindeutig zu identifizieren.
Der Transpondercode wird einfach nach dem Wort SQUAWK genannt, also z.B. 

SQUAWK 2001

Dabei wird jede Ziffer einzeln ausgesprochen, es sei denn der Transpondercode besteht aus vollen Tausendern. In diesem Fall muss der Code folgendermaßen ausgesprochen werden: SQUAWK 1000 = SQUAWK ONE TOUSAND.

Phraseologie-Beispiele

Wir bringen die vorgestellten Items zusammen und basteln unsere erste IFR Streckenfreigabe.

Wir nehmen als Beispiel einen Flug von Nürnberg nach München mit der Route AKANU von der Piste 28. Der Transpondercode ist 1000. Wir gehen davon aus, dass wenig Verkehr ist und vergeben daher auch die Anlassfreigabe. Das Callsign ist DLH414.

Die komplette Sprechgruppe lautet:

DLH414, STARTUP APPROVEDCLEARED TO MÜNCHEN, *VIA* AKANU8K DEPARTUREFLIGHT PLANNED ROUTECLIMB TO FL70, SQUAWK 1000, (additional information or instructions)

Die fettgedruckten Wörter sind immer gleich, die normalgedruckten Wörter müssen dem jeweiligen Flug entsprechend angepasst werden.

Die Sprechgruppe für eine Vectored Departure lautet:

DLH414, STARTUP APPROVEDCLEARED TO MÜNCHEN, *VIA* VECTORED DEPARTURE RUNWAY 28, CLIMB ON RWY HEADING TO FL70, FLIGHT PLANNED ROUTESQUAWK 1000, when airborne contact München Radar 129.525.
Vielleicht fragst du dich nun, wieso bei der Vectored Departure die Abflugfrequenz genannt ist. Nun, bei allen SIDs in Nürnberg steht auf den Karten, dass der Pilot nach dem Abheben 129.525 rufen soll. Wird er also z.B. für die AKANU8K freigegeben, so wird er damit auch angewiesen nach dem Abheben die 129.525 zu rufen. Für eine Vectored Departure gibt es aber logischerweise keine Karte, auf der der Pilot diese Information findet. Daher müssen wir ihm diese Anweisung gesondert mit der Streckenfreigabe mitteilen.